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Krakau-Umgebung: KZ Auschwitz-Birkenau und Salzmine Wieliczka

Wir hatten für unseren Aufenthalt in Krakau ein paar Tage mehr eingeplant, um sehenswerte Orte in der Umgebung zu besuchen, nämlich das UNESCO-Weltkulturerbe in Wieliczka und das ehemalige Konzentrations- und Vernichtsungslager Auschwitz-Birkenau (ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe). Beide Orte kann man nur mit einer geführten Tour besuchen, glauben wir zumindest. Die Führungen durch die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und durch das Salzbergwerk waren, abgesehen von den sehr verschiedenen Inhalten, ähnlich: die Gelände waren überlaufen von Touristengruppen, das Tempo der Führungen war ganz schön zügig und beide Tourleiterinnen wirkten gelangweilt.

Nach Auschwitz-Birkenau kommt man mit dem ÖPNV, nur waren die Eintritts-Tickets für die nächsten Tage bereits vergeben (man muss online reservieren) und so buchten wir eine Tour über eine Agentur mit Abholung am Hotel. Die Führung begann im Stammlager Auschwitz I und endete im Vernichtungslager Birkenau/Auschwitz II, welches nur 2 von über 50 Lagern des KZs Auschwitz sind. Die schiere Größe war uns vorher nicht bewusst und ist auch immer noch nicht begreiflich. Auschwitz I ist weitgehend erhalten. Gaskammer, Krematorium und Wohnhäuser können besichtigt werden. Neben den zu besichtigenden Wohnblocks gibt es weitere Gebäude, die nicht besichtigt werden können, zu denen jedoch im Rahmen der Führung etwas gesagt wird. Beispielsweise der Häftlingskrankenbau, in dem u.a. Menschenversuche durchgeführt wurden. In Auschwitz I waren zeitweise bis zu 18.500 Menschen untergebracht. Ca. 65.000 Menschen starben in dem Stammlager, welches auch zur Hinrichtung von Widerstandskämpfer_innen und polnischer Eliten genutzt wurde. Polen hat 20% seiner Bevölkerung im WK II verloren.
Auschwitz II ist das eigentliche Vernichtungslager. Hier starben ca. 1,5 Millionen Menschen, das entspricht etwa der Einwohnerzahl Münchens. Auch als wir auf dem riesen Gelände standen und die Spuren des Holocaust sehen ist es für uns unbegreiflich. Neben den Gebäuden sind auch private Besitztümer der letzten Häftlinge zu sehen: Berge an Brillen, Schuhen, Koffer, Kämme, usw., die schon vor der Ermordung der Besitzer_innen geplündert wurden. Alles von finanziellem Wert wurde nach Deutschland zum Gebrauch, Verkauf oder Weiterverarbeitung gebracht. Den Opfern wurden die Haare abrasiert, um sie zu Textilien zu verarbeiten. Die Haare der letzten Ermordeten wurden nicht mehr verarbeitet und sind ebenfalls sichtbar – sie füllen einen ganzen Raum. Hier wird uns der industrielle, wirtschaftliche Charakter des Völkermords klar, an dem unter Anderem namhafte Firmen wie Bayer und Volkswagen beteiligt waren. Bayer kaufte weibliche Häftlinge für Experimente, sie überlebten diese nicht. Diese Unternehmen wurden, wie viele andere, nicht zur Verantwortung gezogen. Auch viele der SS-Leute konnten einem Gerichtsurteil entkommen, indem sie flüchteten, untertauchten und gedeckt wurden. Im März diesen Jahres forderte der Zentralrat der Juden, die Rentenbezüge ehemaliger NS-Soldaten und NS-Täter_innen überprüfen zu lassen. Über 2000 Personen erhalten Renten aus Deutschland. Diese Ungerechtigkeit ist für uns nicht begreiflich. Der Besuch der Gedenkstätte war für uns ein krasses Erlebnis, welches in uns Wut, Trauer und Fassungslosigkeit bewirkte und alles im Geschichtsunterricht gelernte nochmal übersteigt. Es fällt uns schwer, das in Worte zu fassen. Auch bleibt für uns die Frage, welche Rolle unsere Vorfahren im 2. Weltkrieg spielten – etwas, worüber wir nicht viel wissen.

Gedenktafel auf dem Gelände von Birkenau.

Doppelter Elektrozaun umkreist das Gelände Auschwitz I.

Birkenau. 1km vom Anfang zum Ende des Lagers.

Am Tag darauf machten wir uns auf zum 2. Ort: Nach Wieliczka kommt man ganz gut mit dem Bus, es lassen sich aber auch Touren buchen. Als wir morgens am Salzbergwerk in Wieliczka ankamen, waren wir angesichts der langen Schlange am Ticketschalter froh, dass wir unsere Eintrittskarten bereits am Vortag in der Filiale in Krakau gekauft hatten. Wir machten die Tour auf deutscher Sprache (in Krakau sind sehr viele deutsche Touris, nur Spanier_innen gab es noch mehr). Unsere Gruppe war mit ca. 40 Personen doppelt so groß wie eigentlich vorgesehen. Die Führung durch das Bergwerk beginnt mit einer langen Reihe an Stufen, die man im Kreis hinabsteigen muss (Martina hatte am Ende einen leichten Drehwurm). Die Route geht anschließend bis zu 135m tief durch verschiedene Gänge, Schleusen und Hallen, in denen Skulpturen aus Salzstein, prächtige Kapellen und unterirdische Soleseen besichtigt werden können (das Solewasser schmeckt ziemlich eklig, Svenja musste natürlich probieren). Vor allem aber faszinierten uns die Wände der Tunnel, von denen man immer wieder probieren konnte (auch eklig, zu salzig). Auch die mit Salz eingekrusteten Holzbalken, die als Träger der Schleusen dienten, waren spannend anzusehen. Das, was einem dort gezeigt wird, sind nur ca. 1% der Fläche unter Tage – uns kamen diese 1% aber schon ziemlich groß vor. Das Tempo der Tour war hoch, für Fotos oder zum Verweilen war kaum Zeit da. Alles in Allem war das Bergwerk schön anzusehen, die Tour an sich aber eher enttäuschend. Falls ihr mal nach Krakau kommt: Kann man machen, muss aber nicht.

Hier sieht man die salzigen Baumstämme.

Hauptattraktion in der Salzmine: Die Kinga-Kapelle

Zum Abschluss ein Fazit zu unserem Aufenthalt in Krakau:
Es lohnt sich, diese Stadt zu besuchen! Krakau ist komfortabel und hat zudem unheimlich viel zu bieten: Ob man sich sich für Historisches und Kunst interessiert, gerne essen oder trinken geht oder einfach gerne spaßige Dinge macht (wie z.B. wir einen Tag im Pinball-Museum zu verbringen und stundenlang zu flippern), wird auf seine Kosten kommen. Skurril fanden wir nur die betrunkenen englischen Männer in Frauenkleidern und Kostümen, die uns ab und zu begegneten.

Wir vertrieben uns am letzten Tag die Zeit im Pinball-Museum.

Einer der vielen Flipperautomaten.

Krakau

Direkt der erste Beitrag fällt uns schwer. Wie sollen wir Abschiedstränen, Reiselust, schöne Altstadt, gutes Essen und den schwer in Worte zu fassenden Besuch im KZ Auschwitz gemeinsam beschreiben? Um es uns einfacher zu machen, haben wir unseren (kurzen) Aufenthalt in Polen in zwei Einträge unterteilt.

Die Reise begann mit einigen Abschiedstränen (Svenja und ihre Familie sind etwas näher am Wasser gebaut) und einer recht ereignislosen Busfahrt von Hannover nach Krakau. Martina war überrascht von den unbequemen Bussen und hat trotzdem geschlafen wie ein Baby. 😀  Pünktlich nach 12,5 Stunden kamen wir in einem bewölkten Krakau an. Der Weg zur Innenstadt führt durch ein riesen Einkaufszentrum und jegliches Reisegefühl ist sofort verflogen. Wir fühlten uns wie in den Münster Arkaden: Viel zu voll und bekannte Läden wie Rossmann, Tchibo, Deichmann, Neckermann, Peek und Cloppenburg,… überall.

Wir aßen noch vor dem Check-in im Hostel im vegetarischen Restaurant Glonojad zu Mittag: unschlagbare 17 Zloty (ca. 4€) pro Person für ein Menü bestehend aus einer Suppe, der Hauptspeise und einem kleinen Dessert. Foodie Svenja war sofort zufrieden und die erste Reisebegeisterung kam auf. Allgemein ist Krakau ein Paradies für Vegetarier_innen und Veganer_innen. Es gibt zahlreiche ausschließlich vegane und vegetarische Lokale und selbst in den üblichen Bäckereien und im Supermarkt sind vegane und vegetarische Lebensmittel gekennzeichnet.

Nach einem kurzen Schläfchen im Hostel (das etwas ausartete und 2 Stunden dauerte) nutzten wir die Nachmittagssonne, um die Innenstadt auf eigene Faust zu erkunden. Der erste Eindruck, der sich auch bestätigt hat: Krakau ist schön, lebendig, grün, voller guter Eisdielen und wohl perfekt für ein Erasmus-Semester, gleichzeitig ist es auch voller Touris.  Zufälligerweise und zu Svenjas Glück kamen wir am ersten Abend am Harry Potter Café vorbei und nutzten dies gleich, um uns dort ein sahnig-karamelliges Butterbier zu gönnen. Das Café ist süß gemacht und bietet verschiedene Getränke und Speisen und einen kleinen Laden mit Fanartikeln. Für Fans (Nerds) lohnt sich der Besuch auf jeden Fall.

Neben den vielen Möglichkeiten zum Essen und Trinken hat Krakau eine große Altstadt, die entlang der alten Stadtmauern durch einen Grüngürtel umrandet ist, ähnlich wie die Promenade in Münster, nur größer und schöner. Die Gebäude in der Altstadt sind in unterschiedlichen Epochen gebaut und sehen darum auch sehr verschieden aus. Der Höhepunkt des Baustil-Mosaiks ist die Kathedrale beim Wawel-Schloss, bei der jeder König, der es sich leisten konnte, einen zusätzlichen Turm oder eine weitere Kapelle anbauen lassen hat. Für Architektur-Fans die perfekte Gelegenheit viele Baustile beieinander zu sehen, für alle anderen irgendwie lustig und auch beeindruckend.

An unserem zweiten Tag nahmen wir an einer geführten Tour auf Spendenbasis teil und besuchten neben der Altstadt auch das alte jüdischen Viertel Kazimierz sowie das ehemalige jüdische Ghetto. Bis zur NS-Zeit und den Massenermordungen durch die Nazis lebte ein Großteil der Jüdischen Bevölkerung Europas in Polen. In Krakau lebten damals 68.000 Juden, heute sind es nur noch ca. 700. In Kazimierz kann man einige Synagogen verschiedener Glaubensrichtungen besichtigen und viel über die Geschichte Krakaus lernen. Bis zum Dreh von „Schindlers Liste“ hat sich niemand so recht für das Viertel interessiert und sozial benachteiligte Menschen lebten hier. Es galt als Brennpunkt der Stadt und die Häuser zerfielen. Jetzt wird Kazimierz langsam zum hippen und touristischen Viertel – Gentrifizierung passiert auch hier. Man sieht viele Second Hand Läden, Ateliers, Cafés, Clubs, Bars, Discos – hier hängen die coolen Kids ab.

Theater Juliusz Slowackiego in der Altstadt

Tor zum Wawel-Schloss

Baustil-Mosaik am Wawel-Schloss

Blick auf die Kathedrale am Wawel-Schloss

Im Viertel Kazimierz

Mjam Mjam!

Leckerleckerlecker!