Ich hatte die Ukraine nie als Reiseland in Betracht gezogen und nach knapp zwei Wochen hier kann ich sagen: Auch die Ukraine hat mich als potentielle Besucherin nicht auf dem Schirm. Es gibt eine sehr gute touristische Infrastruktur mit Informationsbüros in Innenstädten, kostenlosen Stadtplänen im Hotel ausliegend und Führungen durchs Museum etc. Nur leider zu 90% auf Ukrainisch oder Russisch, dementsprechend auch in kyrillischer Schrift. Außerhalb von Lviv (Lemberg) und Kiew kommen wir mit unserem Englisch nicht so weit. Ich bin froh über Martinas gebrochenes Russisch und sie über meinen Optimismus, mit dem ich immer wieder Leute anquatsche (was dann manchmal doch zum Erfolg führt, wenn auch mit Händen und Füßen). Kurzum: Obwohl wir noch gar nicht so weit von Deutschland weg sind, fühlt es sich teilweise doch sehr fern an. Das ist jedoch nicht schlecht, sondern macht jede Busfahrt und jedes Essen einfach etwas abenteuerlich.
Unser Eindruck nach den zwei Wochen: In den Städten Lviv und Kiew treffen Wiener Altstadt-Charme auf Sowjetbauten, auf der Straße steht der Lada neben dem Volkswagen. Hier treffen Ost und West aufeinander und scheinen im Alltag gut nebeneinander zu funktionieren, auch wenn der Westen schon deutlich überwiegt (und es auf politischer Ebene ganz anderes ist). Auf dem Land ist der Kontrast krasser. Einige Menschen holen sich sämtliches Wasser aus dem Brunnen vor dem Haus, andere leben deutschen Standard.
Trotz der kurzen Zeit haben wir schon viel erlebt. Wir waren bei einer mittelalterlichen Burganlage, im Staatsballett, auf dem Gelände der ehemaligen Präsidentenvilla, das jetzt das Museum der Korruption ist und unter anderem einen Golfplatz, Zoo, Hundecenter, Kirche, Yachthafen, Jagdwald, Reitplatz, Farm,… umfasst. Natürlich waren wir viel zu Fuß in den Städten und Kleinstädten unterwegs (mindestens 10 km pro Tag). Spannend war der Besuch einer Autoausstellung auf dem Gelände eines Flugzeugmuseums. Die Autoausstellung fand anlässlich des Jahrestages des Endes des zweiten Weltkrieges statt. Der 8. & 9. Mai sind hier gesetzliche Feiertage. Da insgesamt wenig Ausländer_innen auf der Ausstellung waren, ist das ukrainische Fernsehen auf uns aufmerksam geworden, welches noch ein englisches Interview für die Abendnachrichten brauchte. Unser erstes Fernsehinterview!
Auch unser letzter Tag in Kiew war sehr aufregend! Wir haben Chernobyl im Rahmen einer geführten Tour besucht. Das Gelände ist mittlerweile eine richtige Touristenattraktion und wird jährlich von zehntausenden Menschen besucht. Wenn man sich an die Sicherheitsvorgaben hält (nicht aus Bächen trinken, keine Waldbeeren pflücken und nicht buddeln) ist der Ausflug recht harmlos. Es leben und arbeiten heutzutage ca. 2000 Menschen in dem Gebiet. Eine Stadt umfasst mehrere Bars, ein Hotel, Krankenhaus, Post, Polizeistation und Wohnhäuser; drum herum liegen zahlreiche verlassene Siedlungen und Kleinstädte. Die Strahlen, die wir abbekommen haben, entsprechen etwa zwei Transatlantikflügen. Annehmbar für die einzigartigen Eindrücke.
Ihr seht, wir haben schon viel erlebt und es fühlt sich an, als wären wir schon viel länger unterwegs. Nachdem wir einige Städte gesehen haben zieht es uns nun in die Natur und aufs Land. Zwei Wochen auf einem Bauernhof außerhalb eines kleinen Dorfes bei einer ukrainischen Familie liegen vor uns 🙂
Hey ihr zwei, das hört sich super spannend an. Und ich bin sehr dankbar dank eurer geschichten virtuell und in meiner Fantasie mitreisen zu dürfen.
Wie schön, dass dem 8./9. Mai dort so viel Bedeutung beigemessen wird. Sollten wir uns mal eine Scheibe von abschneiden…
Kann man euer Interview irgendwo ansehen?
Liebe Grüße und gute Weiterreise
Huhu Sonja!
Das Interview wurde von UAtv gemacht, aber anscheinend nicht ausgestrahlt (wir haben deren YouTube-Kanal gecheckt). 🙁
Liebe Grüße von unterwegs an euch! 🙂