Archiv für den Monat: Oktober 2019

Minsk (Svenja)

Auf meinem Weg zur Reisepause in der Ukraine führte mein Flug mich über Minsk, die Hauptstadt Weißrusslands (offiziell: Republik Belarus). Die Zwischenlandung weitete ich etwas aus, um etwa zwei Tage vor Ort zu haben. Direkt beim Aussteigen aus dem Flughafenbus überkam mich das Gefühl, das wir in Kasachstan schon hatten: „Ich bin zurück in Europa, das sieht ja aus wie Zuhause!“ Das Gefühl hielt nur kurz an – in der ersten Metrostation die ich betrat steht eine Säule auf der Hammer und Sichel thronen. Doch noch nicht daheim… Was das Angebot an hippen Cafés, coolen Bars und vegetarischen Restaurants angeht, kann Minsk aber durchaus mit Münster mithalten!

Am ersten Abend erkundete ich nur das Stadtviertel rund um mein Hostel. Das Gefühl ganz nah an zu Hause zu sein wurde nun doch wieder stärker angesichts der zahllosen Cafés und Bars voller junger Menschen. Am zweiten Tag schloss ich mich dann einer gratis Stadtführung an. Mit den sich daraus ergebenden neuen Bekanntschaften war ich noch bis zum Abend unterwegs . Gemeinsam schauten wir uns das „Great Patriotic War Museum“ an, welches ganz oben auf meiner Sightseeing-Liste stand. Mit dem großen vaterländischen Krieg ist der Krieg an der Ostfront des zweiten Weltkrieges gemeint. Also der Teil des WKII, in dem die ehemalige UdSSR involviert war. Für einige Besucher_innen ist es das beste Museum dieser Art, für andere einfach Sowjet-Propaganda. Ich selbst bin hin und her gerissen, wie ich es finden soll. Einige Dinge sind sehr gut aufgearbeitet und auch optisch toll dargestellt (z.B. wurden einige Landschaften der Kriegschauplätze nachgebaut), so dass es sehr eindrücklich ist. Andrerseits ist es auch sehr viel Propaganda und man bekommt leicht das Gefühl, die UdSSR hätte Nazi-Deutschland im Alleingang besiegt. Dinge die nicht in diese Geschichtserzählung passen (z.B. die Rolle von Frankreich, USA und GB oder der Hitler-Stalin-Pakt), wurden nur ganz unauffällig am Rande erwähnt.
Auf jeden Fall hat sich der Besuch gelohnt. Es war sehr eindrucksvoll auf verschiedene Art und Weise sowie auch beklemmend.
Gegen Abend hat sich leider meine kasachische Vergiftung wieder zurückgemeldet, die mich noch bis in die Ukraine verfolgt hat, so dass ich weniger von Minsk hatte als erhofft.

Doch mein Fazit von der kurzen Stippvisite: Mit den vereinfachten Einreisebedingungen lohnt sich Minsk als Städtetrip und war überraschend einfach zu bereisen. Da Belarus oft als letzte Diktatur Europas bezeichnet wird (Demokratieindex 2018 Platz 137 von 167; Pressefreiheitsindex 2019 153 von 180), hatte ich irgendwie viel grau, bedrückte Stimmung und kaum Leben auf der Straße erwartet. Ich war überrascht eine junge, sehr westliche und lebendige Stadt vorzufinden. Zu Politik und Freiheit der Menschen vor Ort, sowie dem Leben außerhalb der Hauptstadt kann ich natürlich nach so einem kurzen Besuch nichts sagen.

Metro am Hauptbahnhof

Minsk ist überraschend grün!

Belarusian State Museum of the History of the Great Patriotic War

Im Museum

Kommunistische Architektur trifft kapitalistische Esskultur

Kasachstan

Irgendwie ist uns in den letzten Wochen die Chronologie bei den Blogbeiträgen verloren gegangen. Kasachstan haben wir im August besucht und kommt eigentlich vor Tadschikistan…

Die letzten Wochen waren geprägt durch historische Altstädte und prächtige Bauten im Iran und Usbekistan, jedoch kamen Ausflüge in die Natur während dieser Zeit etwas zu kurz und der Wunsch nach etwas anderem als Städten wurde immer größer. Leider ist Usbekistan nicht unbedingt das Land für Natururlauber_innen und so hat es uns nach Kasachstan verschlagen. Die visafreie, kostenlose Einreise hat uns die Entscheidung sehr leicht gemacht 🙂 Im usbekisch-kasachischen Grenzgebiet gibt es zwei Nationalparks, die ziemlich identisch sind. Einziger Unterschied ist die Bekanntheit und somit auch die Kosten für einen Aufenthalt im Nationalpark. Wir entschieden uns natürlich für die unbekanntere Variante, auch wenn es schwierig war Infos zu möglichen Touren in den Park zu bekommen.

Bevor wir jedoch ins Naturabenteuer starteten, verbrachten wir noch zwei Nächte in Schymkent. Zu unserer Überraschung hat uns Schymkent richtig gefallen! Westliche Cafés, Kaffee mit Sojamilch und russische Architektur machten die Stadt zu einer gelungenen Abwechslung. Beim Flanieren durch die Fußgängerzone ist uns besonders aufgefallen, wie viele junge Menschen schon Kinder haben. Das Alter fürs erste Kind liegt (nach unserer optischen Schätzung) so bei 18 Jahren. Bei einigen Familien hatten wir Probleme zu sagen, ob es sich um Mutter und Tochter oder zwei Schwestern handelt. Insgesamt werden wir auf unserer Reise auch sehr oft gefragt, ob wir schon Kinder haben und verheiratet sind. Wenn dann noch unser Alter angesprochen wird, gibt es des öfteren einen mitleidigen Blick, den wir nicht so nachvollziehen können.

Doch zurück nach Kasachstan… Der Besuch des Nationalparks auf eigene Faust ist schwierig bis unmöglich, so entschieden wir uns über das Büro für Ökotourismus eine Tour zu buchen. Das Büro war in einem alten Krankenhaus untergebracht und die Kommunikation mit dem Büromanager war wieder einmal ein Erlebnis für sich. Eine englisch sprechende Bekannte übersetzte übers Telefon das gesamte Gespräch. Unsere Tour beinhaltete den Transport zum Dorf am Rande des Parks (mit öffentlichem Verkehrsmitteln nicht erreichbar) und einen Stopp am Kanyon unterwegs, zwei Übernachtungen auf einem Hof inklusive Essen (es wurde mehrfach betont, dass die Familie gewarnt wird, dass wir Vegetraierinnen sind) und einen Ausritt in den Park. Schon auf dem Weg zum Dorf wuchs die Begeisterung: Kasachische Steppe, Berge und Pferdeherden zogen an uns vorbei. Der Aufenthalt auf dem Hof selbst war nicht so spektakulär (da sind wir aus der Ukraine verwöhnt), dafür aber die Umgebung! Nach einer Nacht auf dem Hof ging es am zweiten Tag direkt morgens auf dem Pferderücken in die kasachische Steppe! Fünf Stunden waren wir mit unseren Ponys und einem Guide (dem Familienvater vom Hof) im Park unterwegs. Wir genossen die Weite, die Ruhe und die für uns neue Landschaft. Irgendwann meldete sich jedoch der Hintern, kurz darauf der Rücken und als wir vom Pferderücken rutschten merkten wir, dass die Beine wohl schon vor ein paar Stunden versagt hatten 😀 Die Autofahrt am folgendenTag zurück in das nächste Dorf mit Busverbindung war geprägt von schmerzverzerrten Blicken bei jedem Hubbel und schrecklichem Muskelkater. Jetzt wo der Muskelkater verflogen ist, können wir aber auch wieder mit Begeisterung an unseren Ausritt zurückdenken!

Leider gab es neben Muskelkater noch ein anderes Mitbringsel vom Hof. Direkt am Tag nach unserem Reitabenteuer ging es mir ziemlich mies und ich kam kaum noch aus dem Bad. Am nächsten Tag wollten wir eigentlich zurück nach Usbekistan. Ans Weiterreisen war jedoch nicht zu denken und so blieben wir noch in Schymkent – ich im Bad/Bett und Martina erkundete noch etwas die Stadt. Nach zwei Tagen ging es mir zwar besser, eine Woche später gabs jedoch nen Rückfall, sodass ich in Kiew zum Arzt gegangen bin. Dort gabs dann was zur Entgiftung, jetzt ist es wohl wirklich überstanden – es gab nur noch eine allergische Reaktion auf das Medikament zur Entgiftung 😀

Zentralpark in Shymkent

Shoppingcenter in Shymkent

Richtig gutes Frühstück!!

Mutter Erde vor der Kasachischen Nationaflagge

Martina füttert Kätzchen

Tulpen kommen aus Kasachstan!

Canyon im Aksu-Nationalpark

Auf geht die Pferdetour!

Zwischendurch gabs auch mal ne kleine Pause.

Unser Guide und Park-Ranger

Svenja krank im Bett

Tadschikistan (Martina)

Wer auf der Suche nach einem Erlebnis in unberührter, wilder und ehrfurchterregender Natur ist, sollte Tadschikistan auf seine Liste setzen! Die Reise durch dieses Land hat mir Naturphänomene gezeigt, die ich bislang noch nie gesehen habe: Helltürkise Gewässer weit und breit, grüne Täler umringt von riesigen, nackten Gebirgswänden und absolut karge, schneebedeckte Berglandschaften.

Meinen ersten Halt nach dem Grenzübertritt machte ich in der zweitgrößten Stadt Tadschikistans: Khujand. Zufälligerweise erfuhr ich gleich am ersten Tag vor Ort, dass der Präsident am nächsten Tag die Stadt im Rahmen eines Festes besuchen würde. Unter Reisenden sagt man, dass jede Person, die zum ersten Mal tadschikischen Boden betritt, früher oder Später einmal von Magen-Darm-Problemen heimgesucht wird – und tatsächlich traf dieser Fall für mich gleich in der ersten Nacht ein. Mein Plan, das Spektakel anzuschauen und den Präsidenten live zu sehen (Fotos vom Präsidenten habe ich nach wenigen Stunden im Land schon zuhauf gesehen), fiel leider ins Wasser: Ich verließ meinen Schlafsaal die nächsten zwei Tage nur für den Weg zur Toilette. Ich rede mir ein, dass es vielleicht großes Glück war, dass meine Reise gleich so gestartet ist und das Thema Krankheit damit für den Rest der Zeit im Land „abgefrühstückt“ war, denn im weiteren Verlauf der Reise ging es mir prima.

Einigermaßen erholt ging es weiter in den Westen des Landes, wo sich das Fann-Gebirge erstreckt. Ich verbrachte einige Tage in einem schönen familiären Hostel in Panjakent, dessen Besitzer ehemals bei der Welthungerhilfe gearbeitet hat. Die Organisation begegnet mir auf dem Weg durch Tadschikistan noch einige Male: es gibt in den ländlichen Gegenden Tadschikistans einige Projekte, vor Allem im Bereich Ökotourismus, deren Entwicklung von dieser Organisation mitgestaltet wurde. Im Hostel schloss ich mich mit einem Gast aus Indien, einem niederländischen und einem russischen Paar (anscheinend innerhalb der russischen Youtube-Community relativ bekannte Reiseblogger) zu einer Gruppe zusammen, um eine Tour zu den beliebten sieben Seen („Haft-Kul“) zu machen. Wir fuhren morgens mit dem Sammeltaxi los, welches uns zu einem Gasthaus in der Nähe des vierten Sees brachte. Von da aus starteten wir den 20km langen Tagesmarsch entlang der nächsten Seen bis zum höchstgelegenen, siebten See. Dort trafen wir eine Gruppe usbekischer Männer, die für ein paar Tage am Seeufer zelteten – und wurden prompt ins Zelt eingeladen, wo wir mit Tee, selbstgebackenem Brot, Quark und Aprikosen versorgt wurden. Sascha und Dascha, das russische Paar, hat unseren gemeinsamen Tag in einem schönen Video festgehalten, ab Minute 12 hier zu sehen.

Von dort aus ging es um 5 Uhr in der Früh weiter nach Dushanbe. Die Hauptstadt Tadschikistans ist als Haupt- und Großstadt noch nicht so alt. Dementsprechend neu sind viele Gebäude und Parks im Stadtzentrum und es wird an einigen Stellen noch großes Gebaut. Insgesamt transportiert der Stadtkern mit seinen aufwändig angelegten, aber hübschen Parks und seinen prunkvollen und teilweise speziellen Gebäuden, ein geradezu Ashgabat-esques Gefühl: Es ist aufregend und schön anzuschauen – und gleichzeitig wirkt es unnötig und übertrieben. Dennoch muss ich sagen, Dushanbe hat mir sehr gut gefallen, ich hatte eine tolle Woche dort!
Es gibt viele Ausgehmöglichkeiten, unter Anderem den größten Wasserpark Zentralasiens, der vor einem Monat frisch eröffnet wurde: Hier ein Bericht über die Eröffung durch den Präsidenten. Ich traf auch im Hostel hier auf viele sympathische Reisende, mit denen ich viel rumgehangen und einiges unternommen habe: zu den nennenswertesten Erlebnissen gehören wohl der Besuch im ethnografischen Museum (übrigens mit eigener Ausstellung über die verschiedenen großartigen Werke und Taten des Präsidenten), ein Nachmittag im Arcade-Center (Videospieleautomaten) der Dushanbe Mall, und ein Kneipenabend mit Bierchen und Shisha in der „deutschen“ Bundes-Bar.

In Dushanbe traf ich mich auch mit Roman, der aus Frankreich angereist ist, um für einen Monat Tadschikistan und Kirgisistan zu erkunden. Wir haben uns vorher online über das Caravanistan-Forum kennen gelernt und abgemacht, gemeinsam durch die Pamir-Region zu reisen. Anschluss bekamen wir noch spontan von Mayank aus Indien, der für das Lonely Planet Magazin unterwegs Fotos machte. Mit den beiden reiste ich gemeinsam für 12 Tage durch die Berge und Täler im Osten Tadschikistans bis zur Kirgisischen Grenze. Die Straßen sind an vielen Stellen nicht befestigt; teilweise sind es einfache, schmale Schotterwege entlang der Berghänge und die Fahrten von einem Ort zum nächsten nahmen oft einen ganzen Tag in Anspruch. Nach einigen anfänglichen Herzinfarkt-Momenten gewöhnten wir uns an die Bedingungen im Straßenverkehr und konnten uns an den tollen Ausblicken entlang der Route erfreuen.
Wir machten gleich während unserer ersten Taxifahrt Bekanntschaft mit der tadschikischen Gastfreundlichkeit: unser Fahrer Igor lud uns dazu ein, über Nacht bei sich zuhause Rast zu machen, natürlich voll verpflegt mit warmer Dusche, Essen und Wodka und ganz ohne zu bezahlen. Am nächsten morgen wurden wir zu einer Hängebrücke gebracht, von der aus es zu Fuß noch einmal ca. 2 Stunden einen (teilweise sehr aufregenden) Wanderweg entlang weiter ging ins abgeschiedene 20-Seelen-Dorf Jizev: Wir verbrachten dort zwei Tage in einem der Homestays, ohne ohne Strom und fließendem Wasser. Unsere Körperhygiene und Wäsche erledigten wir am Fluss neben dem Haus und auch unser Trinkwasser schöpften wir von dort.

Alle kommenden Wege während unserer Reise erledigten wir mit dem Taxi und verbrachten einige Nächte in den Dörfern entlang des Wakhan-Tals an der afghanischen Grenze. Von dort aus fuhren wir weiter über den (besser ausgebauten) Pamir Highway. Ab dort änderte sich die Landschaft noch einmal deutlich. Vorbei die satt-grünen, zwischen Bergen eingebetteten Flussläufe – denn ab 3000 Metern Höhe beginnt absolut wüste Mondlandschaft, die fast nur aus Erde und Stein besteht, ab und zu findet sich mal ein See mittendrin. Die Landschaften wirken unendlich weit und leer. Und unterwegs mitten im Nirgendwo sahen wir alle halbe Stunde ein Haus, komplett isoliert vom Rest der Welt; Für mich ist immer noch rätselhaft, wie die Menschen dort unter diesen widrigen Lebensumständen leben und überleben.

Khujand – Platz vor der Moschee

Parkanlagen in Khujand

Khujand

Überall hübsche Fotos vom Präsidenten

Bazar in Khujand

Entlang des Haft-Kul-Wanderwegs

Grüße von den (kleinen) DorfbewohnerInnen

See Nr. 6

Kurz vor Schluss

Camper am 7. See

Meine Dushanbe-Crowd: Wir wurden in einem Café von einer älteren Dame porträtiert.

Dushanbe

Dushanbe

Der Navruz-Palast in Dushanbe – das größte Teehaus in Tadschikistan

Dushanbe

Tadschikistan hat viele Helden. Hier: König Ismoil Somoni

Im Hintergrund: Der Präsidentenpalast

Rekord geknackt!! <3

Die Burg von Hisor in der Nähe von Dushanbe wurde komplett neu aufgebaut.

Kuriose Architektur

Roman liebt es zu fotografieren.

Abendessen bei unserem Fahrer Igor

Die Brücke nach Jizev

Weg nach Jizev

Kurz vor dem Dorf

Jizev

See bei Jizev

Eine der vielen Toiletten mit Panoramablick

An der Grenze zu Afghanistan

Links Tadschikistan – rechts Afghanistan

Bazar in Khorog

Buddhistische Stupa bei Vrang

In der Pamir-Region passierten wir viele Checkpoints

Ab und zu musste mal was repariert werden..

Murghab

Der Bazar in Murghab besteht aus vielen verschiedenen Containern

Der See Karakol

Karakol

Der höchste Punkt unserer Reise – kurz vor der Kirgisischen Grenze.